Unser Gast Brigitte ließ es sich im April 2024 nicht nehmen, die Schweizer Seen-Route allein zu radeln. Trotz des meist regnerischen Wetters blickt Sie auf eine schöne und erlebnisreiche Radtour zurück, auf der Sie in acht Tagen vier Länder und drei große Seen kennenlernte.
Mehr erfahren Weniger anzeigenIch habe den erst möglichen Termin gebucht vom 14.4. – 21.04.2024, um außerhalb der Hauptsaison zu radeln. Das im April das Wetter manchmal Kapriolen schlägt, habe ich in Kauf genommen. Dass es aber so schlimm kommen würde, damit hatte ich nicht gerechnet. Ich bin mit dem Auto angereist, mein eigenes Rad im Kofferraum. Das Auto konnte ich bei Radweg-Reisen sicher auf dem Parkplatz abstellen, ich wurde freundlich empfangen, wurde mit Eis und Getränk verwöhnt und der Zusage, dass ich Hilfe bekäme, auch wenn ich mit dem eigenen Rad unterwegs bin und eine Panne hätte. Am Anreisetag herrschten sommerliche Temperaturen, sodass ich mein Gepäck im Hotel deponierte und einen Ausflug auf die Insel Mainau unternahm.
Mehr erfahren Weniger anzeigen
Von Konstanz machte ich mich auf den Weg nach Schaffhausen. Der Vollständigkeit halber muss ich erwähnen, dass ich alleine unterwegs war. Die Reisebeschreibung ist gut, GPS-Daten hatte ich zur Sicherheit auf dem Handy in Komoot und die Radwege waren durchwegs sehr gut ausgeschildert. Den Bodensee kenne ich von bisherigen Radtouren und als Paddlerin bin ich schon öfters auf dem See und dem Seerhein bzw. Hochrhein unterwegs gewesen. Dieses Mal genoss ich es von Land aus die Paddelstrecken zu sehen. Das erste Highlight war Stein am Rhein, eine wunderschöne Stadt. Dort überquerte ich die Brücke, auf der ich vor zwei Jahren stand, um das Feuerwerk am 1. August zum Nationalfeiertag der Schweiz zu bewundern. Weiter ging es bis Schaffhausen. Dort radelte ich weiter zum Rheinfall. In der Reisebeschreibung war dieses Event erst für den nächsten Tag vorgesehen, da ich aber nach 50 Kilometern noch genügend Kräfte zur Verfügung hatte und bereits am frühen Nachmittag ankam, hatte ich noch genügend Zeit mit dem Schiff zum Wasserfall zu gelangen und auf den Felsen zu steigen. Danach checkte ich im Hotel ein und bestieg zu Fuß die Festung Munot und bummelte durch die Altstadt.
Von Schaffhausen ging es erneut in Richtung Rheinfall. Den Weg kannte ich bereits, denn ich war am Vortag fälschlicherweise bereits auf die andere Rheinseite gewechselt und kam am Schloss Laufen heraus. Erst dort bemerkte ich, dass die Schiffe auf der anderen Seite abfuhren und musste wieder zurück radeln. Ich folgte der Beschilderung nach Rheinfelden. Dort fließt die Glatt in den Rhein. Ab hier ging es 25 Kilometer der Glatt entlang, ein sehr schöner Radweg, immer mit Blick auf den Fluss und ohne Steigungen. Am Katzensee machte ich Vesperpause und radelte dann weiter nach Zürich. Mit der Angst bekam ich es zu tun, als ich feststellte, dass in Zürich mitunter die Radwege mitten auf der Straße verlaufen und rechts und links von mir Autos fuhren. Nachdem ich den Schreck überwunden hatte, gelangte ich zum Hauptbahnhof und bald auch zum Hotel. Dort stellte ich das Rad ab und beschloss nur noch zu Fuß in die Stadt zu gehen. Zürich ist reich an Sehenswürdigkeiten, da kann man auch mehrere Tage verbringen, ohne dass es langweilig wird. Ich verschaffte mir einen Überblick, warf noch einen Blick auf den Zürichsee und schmiedete Pläne für den nächsten Tag.
Zunächst fuhr ich mit dem Rad zum Großmünster. Es öffnet um 10 Uhr und es besteht die Möglichkeit, den Turm zu besteigen. Von dort oben soll der Blick auf die Altstadt und den See wunderschön sein. Allerdings war ich enttäuscht, da die Ausblicke durch Gitterstäbe verstellt waren. Mittlerweile regnete es, was mich aber nicht daran hinderte, auf die andere Seite des Sees zu wechseln und zu Lindt zu radeln. Da tun sich wirklich Schokoladenträume auf, allerdings zu saftigen Preisen. Zurück zum Anfang startete ich die Radtour an der Goldküste des Zürichsees entlang, immer wieder im Regen. Ich hatte mir erhofft, mehr vom See zu sehen. Die Route führte aber an den Stadtvillen vorbei oberhalb vom See und nur ab und zu bekam man einen kurzen Ausblick auf den See. In Rapperswil angekommen, ging es über den Seedamm nach Pfäffikon. Leider hatte ich keine Muße die schönen Städtchen näher anzuschauen, da ich bereits total durchnässt war. Auf dem Seedamm kam dann noch ein Seitenwind dazu und die Fahrt auf dem Radweg neben den Autos war nicht sehr schön. Wieder auf dem Festland führte der Weg zwischen Straße und Autobahn nach Lachen, meine Laune war auf dem Tiefpunkt. In Lachen wartete im Hotel eine heiße Dusche und ein warmer Tee auf mich, der wieder alles gut machte. Zudem schien plötzlich die Sonne, der See lag aalglatt vor mir und die Welt war wieder in Ordnung.
Heute sollte ich den dritten See, den Walensee, überqueren. In den Reiseunterlagen wurden 16 Kilometer angekündigt. Auf Komoot wurden 26 Kilometer angezeigt, also machte ich mich frühzeitig auf den Weg, damit ich das Schiff rechtzeitig um 10.20 Uhr erreichen würde. Am Ende hatte ich 30 Kilometer auf dem Tacho, das Wetter war abenteuerlich. Von Tag zu Tag wurde es kälter und ich hatte mit Schneeregen zu kämpfen. Petrus gab sich wirklich Mühe mir sehr viel Abwechslung zu bescheren. Die zusätzlichen Radkilometer kamen zustande, weil ich eine Abfahrt übersehen hatte. Von da an fuhr ich nur noch mit Komoot, damit ich auch rechtzeitig ans Schiff komme. Mein Handy hatte ich in der Tasche im Regenschutz, damit ich die Ansagen gut hören konnte. Leider sammelte sich im Regenschutz das Wasser und mein Handy versagte mir seine Dienste. Um 9.45 Uhr war ich in Weesen und versuchte mein Handy zu retten durch allerlei Trocknungsversuche, leider vergebens. Wenigstens hatte der Regen aufgehört und die Sonne schien. Meine Handschuhe konnte ich auswringen und die Hände waren durchgefroren.
Das Schiff kam pünktlich und ich durfte mit zwei weiteren Passagieren einsteigen. Platz war höchstens noch für ein weiteres Rad. Jetzt verstand ich den Vermerk in den Reiseunterlagen, dass es nur geringe Kapazitäten gäbe. Scheinbar wird in der Hauptsaison ein größeres Schiff eingesetzt. Dafür war der Kapitän sehr freundlich und tröstete mich mit der Redewendung, dass wir ja nicht aus Zucker seien. Der Walensee ist übrigens sehr schön und ich genoss die umliegenden Berggipfel, eine erholsame Pause, die ich mir redlich verdient hatte. Gut ausgeruht fuhr ich von Walenstadt Richtung Vaduz. Allerdings kam mir eine Baustelle in die Quere und ich konnte die geplante Strecke nicht fahren. Nach dem Umfahren habe ich den Einstieg nicht mehr gefunden und habe mich durchgefragt. Auf dem Rheindamm fuhr ich dann weiter Richtung Vaduz über die Brücke zur Grenze nach Lichtenstein. In Vaduz legte ich beim Landtagsgebäude eine Pause ein. Aber meine Tagesetappe war noch nicht beendet. Da es in Vaduz keine Übernachtungsmöglichkeit für mich gab, musste ich weiter nach Feldkirch in Österreich radeln. Es gab keine GPS-Daten für die Route Vaduz nach Feldkirch und mein Handy war sowieso tot, also musste ich mir alleine weiterhelfen. Ich fand Menschen, die mir weiterhalfen. Also wieder auf den Rheindamm und bis Rugell weiterfahren, von dort wäre es nicht mehr weit bis Feldkirch. In Rugell zeigte mir ein Radfahrer den Weg zur Grenze und nach Feldkirch. Nach knapp 90 Kilometern kam ich im Hotel an, wo ich freundlich empfangen wurde.
Mehr erfahren Weniger anzeigen
Am nächsten Morgen wagte ich nochmal einen Versuch, mein Handy zu retten. An der Rezeption nannte man mir einen Handyladen, der mir eventuell weiterhelfen könnte. Leider ohne Erfolg. Also musste es ohne gehen, es gibt ja offenbar auch ein Leben ohne Handy. Ein Postler auf dem Fahrrad zeigte mir den Einstieg und ich fuhr an der Ill entlang bis Altstätten. Ich hatte Glück und erreichte den Bahnhof Stadt kurz vor 10.00 Uhr, der rote Zug stand bereits am Gleis. Es waren zwei Waggons, von einem Radanhänger keine Spur. Also musste ich mein Pedelec drei Stufen hochwuchten. Zwei Frauen halfen mir dabei. Sie erzählten mir auch, dass bei schönem Wetter die Räder auf den Anhänger kämen. In der Vorsaison besteht offenbar kein großer Bedarf. In den 20 Minuten Fahrzeit überlegte ich mir, was mich da oben erwartet. Auf den Wiesen lag bereits Schnee und oben angekommen regnete es wieder. Bis nach Appenzell ging fast alles bergab auf der Straße. Ich setzte den Weg gleich fort nach Stein, bis dahin gab es noch ein paar Berge zu bezwingen. In Stein gönnte ich mir eine Pause in der Schaukäserei und verkostete Appenzeller Käse und trank Molke. Von dort ging es idyllisch zwischen Bauernhöfe und Wiesen weiter, die schneebedeckten Berge waren im Nebel. Das wäre bei schönem Wetter ein Genuss gewesen. Ich fuhr über die lange Haggenbrücke über eine bewaldete Schlucht und weiter nach St. Gallen. Dort erwartete mich schon der Rezeptionist des Hotels Einstein und zeigte mir die Garage. Er besorgte mir auch Reis für mein Handy, die Hoffnung stirbt zuletzt. Am Abend erholte ich mich im warmen Wasser des hoteleigenen Schwimmbads und entspannte in der Sauna. Die Abende in den schönen Hotels genieße ich bei jeder Radreise.
Von St. Gallen ging es wieder Richtung Bodensee, zunächst nach Arbon, dann Romanshorn und dann am Bodensee entlang nach Konstanz. Der Einstieg bescherte mir zunächst Probleme und es kam erneut Regen vom Himmel. Aber dann ging es gut beschildert weiter und ich fand problemlos den Weg. Am Bodensee angekommen, gesellte sich zum Regen noch Hagel und ich musste mich unterstellen. Kurz vor Kreuzlingen kam wieder die Sonne und ich konnte die Regensachen wieder einpacken. In Konstanz wärmte ich mich im Rosgartenmuseum auf und kehrte im Museumscafé ein. Gut gelaunt machte ich mich auf den Weg zum Konstanzer Münster und stieg auf den Turm. Dieser Ausblick hat sich wirklich gelohnt und ich habe auch mein nächstes Ziel erblickt, den Bismarckturm. Den besteige ich das nächste Mal. Als Abschluss gönnte ich mir noch einen Besuch im Sealife in Konstanz und fuhr dann weiter ins Hotel.
Der siebte Tag war der Abreisetag. Ich konnte also ausschlafen und in Ruhe das Frühstück genießen. Um mich vom Bodensee zu verabschieden, radelte ich noch auf die Insel Reichenau und ging in der katholischen Kirche St. Georg in den Gottesdienst. Ich hatte allen Grund, Gott zu danken für eine gelungene Reise ohne Pannen und Unfälle. Ein Schutzengel war immer an meiner Seite, sodass ich immer meinen Weg gefunden habe, ob mit oder ohne Handy. Als ich aus der Kirche trat, wie soll es anders sein, hat es wieder geregnet. Mit Regenschutz umrundete ich die Insel und genoss die letzten Blicke auf den Bodensee. Im Sommer komme ich wieder und bringe außer dem Rad auch noch mein Boot mit.
Ich bin 460 Kilometer in 8 Tagen geradelt und bin richtig stolz, dass ich niemals gekniffen habe und trotz schlechtem Wetter nicht auf Bahn oder Schiff ausgewichen bin. Manchmal kam mir der Gedanke, dass es wohl in meinem Alter besser wäre, nicht mehr alleine unterwegs zu sein. Und ob sich der Aufpreis für eine Radreise zu einem späteren Zeitpunkt gelohnt hätte, weil dann das Wetter vielleicht besser gewesen wäre und ich die schöne Landschaft besser genießen hätte können. Aber hätte, hätte, Fahrradkette… es war trotzdem schön und ich würde es wieder machen. Freue mich schon auf die nächste Radreise, die ich vielleicht gewinne mit diesem Bericht.