„Gönn dir!“ schrieb mir ein Freund, nachdem ich mein erstes Urlaubs-Auftakt-Foto verschickt hatte. Es zeigte eine Tasse Cappuccino an der Außenalster.
So begann mein Radurlaub im Sommer 2022: Auf meiner langen Anreise quer durch Deutschland gönnte ich mir einen Zwischenstopp in Hamburg, bevor ich dann tags darauf den Startpunkt meiner Radreise erreichte.
Im sonnigen Flensburg angekommen, wurde ich im schönen Hotel „Alte Post“ freundlich begrüßt und konnte sogleich mein Leihrad testen.
Ich radelte am Hafen entlang, bummelte durch die Fußgängerzone, bestaunte nette kleine Gässchen und die zahllosen aufgehängten Schuhe in der Norderstraße.
Sportlich oder entspannt? Das fragte ich mich noch beim Frühstück im schönen Hotel in Flensburg. Ich beschloss schließlich meinen Auftakt für die 7-Tages-Tour ruhig angehen zu lassen. So nutzte ich den Voucher von Radweg-Reisen, der mich per Schiff von Flensburg nach Glückburg brachte. Die 10 gesparten Kilometer hätte ich zwar mit dem Rad deutlich schneller zurückgelegt, aber die Schifffahrt auf der Flensburger Förde - vorbei an den sagenumwobenen Ochseninseln - waren tatsächlich ein entspannter Auftakt für meine erste Etappe.
In Glücksburg, der nördlichsten Stadt Deutschlands, liegt das gleichnamige Wasserschloss, das ich weiträumig mit dem Rad umrundete. Von Glücksburg aus führte mich eine sehr abwechslungsreiche Route an der Ostsee entlang: sowohl an der Küste – mal auf breiten, befestigten Wegen und mal auf schmalen Kiespfaden – als auch an Weizen- und Maisfeldern entlang. Ich bewältigte zahllose Hügel im Hinterland und war, wenn mir der Wind von vorne entgegenblies, sehr dankbar für den Motor des Pedelecs, der mir sanft einen mentalen Rückenwind für den ein oder anderen steilen Anstieg schenkte.
Mehr erfahren Weniger anzeigenEs war ein sonnig-warmer Augusttag, an dem mir mancherorts die Sonne anhaltend auf den Helm schien. Wie gut, dass ich ausreichend Wasser dabei hatte. Nachmittags hatte ich die gut 60 Kilometer bewältigt und traf im „Pierspeicher Boutique Hotel“ in Kappeln ein, von dem ich sofort begeistert war. Der ehemalige Getreidespeicher wurde geschmackvoll umgebaut. Mein geräumiges Zimmer im 6. Stock war wunderschön eingerichtet und bot einen fantastischen Blick auf den Hafen der Schlei sowie auf das kleine Städtchen mit der zentral gelegenen Getreidemühle Amanda.
Das Hotelrestaurant hat mittwochs geschlossen. Im benachbarten Restaurant „Meerestochter“ aß ich einen ausgezeichneten Salat mit Lachs – ein absoluter Augen- und Gaumenschmaus!
Mehr erfahren Weniger anzeigenAm Morgen genoss ich ein grandioses Frühstück auf der Sonnenterrasse unmittelbar vor den Segelbooten, die im Hafen an der Schlei angelegt hatten. Gut gestärkt startete ich meine heutige, sehr kurze Etappe.
Über die kurze Distanz von 40 km war ich im Laufe des Tages immer wieder sehr froh, da es ein besonders heißer Augusttag war. Die Strecke führte mich häufig direkt an der Küste entlang, manchmal auf sehr sandigen, schmalen Wegen.
Mehr erfahren Weniger anzeigenBesonders gut gefiel mir die Alternativ-Strecke zwischen Schönhagen und Damp. Hier fährt man auf einem schmalen Weg, der die Ostsee vom Schwansener See trennt und dabei unzählige Scharen von Wasservögeln passiert. Mitten in dieser wunderschönen Natur tun sich plötzlich riesige Betonbauten vor einem auf. Der Ort Damp sollte in den 1960er Jahren wohl zur Touristenhochburg werden. Die in die Jahre gekommenen Betonklötze dienen inzwischen als Reha-Klinik. Nach einem letzten, kurzen Küstenabschnitt führte mich der Ostsee-Radweg nun durch das Landesinnere. An diesem heißen Tag war ich sehr froh, dass einige Streckenabschnitte durch wunderschöne, schattige Alleen führten. Am „Gut Ludwigsburg“ machte ich eine kurze Rast, bevor ich für die letzte Etappe nach Eckernförde in die Pedale stieg.
Ich traf bereits nachmittags – vor Ankunft meines Koffers - im Hotel Beach Side ein, das direkt am Eckernförder Strand liegt. Ich genoss eine Abkühlung in der Ostsee und am frühen Abend einen Bummel durch die schöne Innenstadt und im edlen Restaurant „Fischdeel“ einen ausgezeichneten, tagesfrischen „Brat-Dorsch“.
What a day! Dieser Tag bescherte mir ein absolutes Wechselbad an Gefühlen und Erlebnissen. Es hatte über Nacht deutlich abgekühlt: um 9.00 Uhr zeigte das Thermometer gerade einmal 16 Grad. „Heute brauche ich meine Jacke“, dachte ich, als ich aus dem Hotel kam und zum Fahrrad-Raum ging. Und dann der Schreck: Meine nagelneue, hochwertige Jacke ist weg! Ich kramte geschockt in meinem Gedächtnis und in meinen beiden Satteltaschen. Doch je länger ich überlegte und suchte, um so fester machte sich die fiese Erkenntnis breit: jemand hat mir meine Jacke, die ich heute unbedingt gebraucht hätte, gestohlen. Natürlich ist mir klar, dass man keine Wertsachen offen herumliegen lässt. Aber damit, dass mir jemand etwas aus der geschlossenen Satteltasche in einem abgeschlossenen Raum eines Hotels klaut, hatte ich absolut nicht gerechnet. „Wie dreist!“ dachte ich immer wieder, als ich schlecht gelaunt und fröstelnd die heutige Etappe startete.
Die dunklen Wolken und die unschöne Fahrradstrecke bis Kiel, die überwiegend parallel zur viel befahrenen Landstraßen führte, spiegelten meine Stimmung wider. Diese heiterte sich plötzlich und ganz unverhofft auf: In Kiel fing es gerade an zu regnen und ich suchte nach einem Ort, an dem ich mich mit einem Heißgetränk aufwärmen konnte. Ich wählte spontan die „Deichperle“. Kaum hatte ich an meinen Ingwertee genippt, sah ich ein vertrautes Gesicht: Jörg, der Winzer aus meinem 900-Kilometer-entfernten Wohnort in Südbaden, war just an diesem Tag auch in Kiel, um die Deichperle persönlich mit 200 Flaschen von seinem leckeren Bio-Wein zu beliefern. Freudig überrascht über diese ungeplante Begegnung plauderten wir über schöne Urlaubsorte und unsere inzwischen großen Kinder.
Mit den ersten Sonnenstrahlen hellte sich meine Stimmung nun vollends auf. Ab Laboe genoss ich meine Radstrecke wieder: vor allem die Strecke zwischen „Stein“ und dem „Schönberger Strand“ gefiel mir besonders gut: auch, weil ich sowohl in „Kalifornien“ als auch in „Brasilien“ den feinen Sandstrand und die herrliche Weite genoss!
In Schönberg übernachtete ich in „Ruser’s Hotel“ – ein traditionelles Hotel in „verkehrsgünstiger“ Lage, das leider nur ein sehr übersichtlich Frühstücksbuffet anbietet.
Es war ein wunderschöner Tag! Das Wetter war perfekt: sonnig, leicht bewölkt, stets eine frische Brise, häufig sogar von Westen her. Somit hatte ich meistens Rückenwind.
Ich genoss die herrliche Strecke direkt am Damm zwischen Schönberger Strand und Hohenfelde und radelte durch wunderbare, unberührte Landschaften, durch Naturschutzgebiete mit unzähligen Vögeln und machte hier und da ein Päuschen an menschenleeren Strandabschnitten.
Mehr erfahren Weniger anzeigenSamstagsmittags traf ich in Oldenburg ein. Das Städtchen machte um 13.30 Uhr bereits einen Mittagsschlaf. Und um diese Zeit hatte eines der wenigen Fahrradgeschäfte auf der Strecke, in dem ich gerne nach einer Fahrradjacke schauen wollte, leider auch bereits geschlossen. Viel Betrieb war dagegen in Heiligenhafen, insbesondere auf der Westseite des Binnensees bei den Kurkliniken und am Strand. Hier blies ein ordentlicher Wind. Und vom Strand aus lassen sich zahlreiche Windsufer und Kitesurfer wunderbar beobachten.
Das sehr schöne Hotel „Meereszeiten“ liegt direkt am Yachthafen. Einziger Nachteil: es gibt keinen geschützten Bereich für die Fahrräder, die man direkt vor dem Hotel oder kostenpflichtig in der benachbarten Fahrradgarage einschließen kann.
Nach einem großartigen, reichhaltigen und vielseitigen Frühstück schwang ich mich gut gestärkt wieder auf mein Fahrrad. Auch an diesem Tag genoss ich den heutigen Streckenabschnitt des Ostsee-Küsten-Radwegs: teils direkt an der Küste, an wunderschönen, einsamen Strandabschnitten entlang, an denen man die Seele baumeln lassen kann. An den weniger einladenden Abschnitten wie dem sehr vollen Strand in Dahme radelte ich einfach zügig vorbei. Wie gut, dass man sich auf der Strecke einfach die schönsten Plätzchen für ein entspanntes Päuschen auswählen kann.
Nach Dahme führt der Radweg ins Landesinnere, vorbei an riesigen Weizenfeldern und durch kühle Wälder. Sehr zügig und konzentriert fuhr ich den kurzen, unschönen und nicht ungefährlichen Streckenabschnitt auf der lauten Bundesstraße.
Mehr erfahren Weniger anzeigenNachmittags traf ich im herrliches „Arborea Hotel“ direkt am Yachthafen von Neukirchen ein. Das modern eingerichtete Hotel mit einem eigenen Strand setzt ganz auf Sport und Wellness. Hier wird man gleich an der Rezeption geduzt, egal ob die Gäste bereits graue Haare haben oder nicht.
Spontan gönnte ich mir eine wohltuende, entspannende Massage für Rücken und Beine, döste ein wenig in einem Strandkorb auf dem Hotelgelände und aß im Hotel-Restaurant zu Abend. Einziges Manko des Restaurants ist meines Erachtens, dass es sich ausschließlich auf Grillspeisen spezialisiert hat. Es gibt dort insbesondere Fleisch- oder Fischgerichte und wenig vitaminreiche oder vegetarische Kost.
Auch an diesem Tag startete ich den Tag mit einem großartigen Frühstück. Das leckere Müsli genoss ich im Strandkorb, wählte aber für den herzhaften Gang einen sonnigen Platz auf der Terrasse.
Mein letzter Tag auf dem Rad bot eine gelungene Mischung verschiedener Umgebungen: schöne Radwege an der Küste und im Landesinneren wechselten sich mit sommerlich-überfüllten Abschnitten ab. In Timmendorfer Strand wurden extra Fahrradstraßen errichtet, die parallel zur Promenade durch edle Villenviertel führen. Kurz darauf führt der Radweg direkt an der Steilküste nach Travemünde. Dieser wunderschöne Abschnitt ist beliebt und belebt: den teilweise schmalen Weg teilen sich Radfahrer, Fußgänger, Familien mit Kinderwägen und kleinen Kindern sowie Gassi-Gänger mit angeleinten Vierbeinern.
Mehr erfahren Weniger anzeigenIn Travemünde angekommen entdeckte ich in den Radweg-Reisen-Unterlagen die Empfehlung, die Strecke nach Lübeck lieber mit dem Zug zurückzulegen. Ich entschied nach kurzem Nachdenken, dieser Empfehlung zu folgen und mein 9-Euro-Ticket für eine kostenlose Zugfahrt zu nutzen.
Ich checkte bereits mittags im Hotel ein, ließ dort meine „Siebensachen“, radelte in die Stadt, genoss ein Stück Torte im Niederegger Cafe, kaufte dort ausreichend Marzipan als Mitbringsel für meine Familie und bummelte durch die Stadt. Die Marienkirche lädt zu einer Atempause ein. Beeindruckend sind die abgestürzten Kirchenglocken, die seit 1939 unverändert an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erinnern und gleichzeitig ein beeindruckendes Mahnmal für den Frieden sind. Abends besuchte ich Freunde, die ich schon seit vielen Jahren nicht mehr gesehen hatte – ein sehr schöner Abschluss, für eine wunderschöne Reise.
Das Hotel „Vier Jahreszeiten“ liegt direkt an einer Kreuzung von zwei – auch nachts – viel befahrenen Straßen. Entsprechend unruhig war die Nacht. Allerdings war dies schon bald vergessen, denn die Aussicht im 8. Stock, in dem das Frühstück serviert wird, ist grandios! Ein schöner Auftakt für meine Rückreise.
Auf der langen Zugfahrt schrieb ich an diesen Reisebericht. Beim Auswählen der Fotos staunte ich darüber, welch schöne Orte ich innerhalb einer Woche gesehen und genossen hatte. Gedanklich machte ich die Reise erneut und ließ innere Bilder entstehen und auch wieder verschwinden. Ich beschloss mich auch nicht mehr über die verschwundene Jacke zu ärgern. Wozu auch? Das bringt mir nichts, im Gegenteil: es trübt unnötig die wunderbaren Erinnerungen an meine Reiseerlebnisse. Und schlussendlich zählt doch nur das: ich hatte eine wunderschöne Reise, habe viel erlebt, viel gesehen und mich innerhalb kürzester Zeit großartig erholt.
Ich bin unendlich dankbar dafür, dass alles so gut geklappt hat, dass es keinerlei Schwierigkeiten gab, die ich möglicherweise alleine nicht hätte bewältigen können. Dank der umfangreichen Unterlagen von Radweg-Reisen, der Notfall-Telefonnummern und Adressen radelte ich stets mit einem sicheren Gefühl, dass – wenn es zu einer Panne oder gar einem Unfall gekommen wäre – ich innerhalb kürzester Zeit mit Menschen hätte Kontakt aufnehmen können, die mir professionell hätten weiterhelfen können. Dankbar bin ich auch für die wunderschönen Unterkünfte, die auch dazu beigetragen haben, dass ich mich so schnell und so gut von meinem beruflichen Alltag erholen konnte, der innerhalb von wenigen Tagen meilenweit wegrückte.
Ich freue mich schon auf die nächste Etappe des Ostsee-Radwegs: von Lübeck nach Stralsund.