…im Sommer 2024 an Schwedens Westküste unterwegs waren. Die ersten Tage ihres Urlaubes verbrachten sie in Eigenregie in Kopenhagen. Ab Helsingborg starteten sie dann zu Ihrer Radtour auf dem Radweg Kattegattleden und erreichten nach acht Tagen Göteborg. Sie radelten bei Wind und Regen (dank Wetter-App meist per Ankündigung) und erfreuten sich umso mehr über jeden Sonnenstrahl.
Mehr erfahren Weniger anzeigenWir haben schon einige Radreisen auf unserem Konto und wissen dabei vor allem den Komfort der Gepäcktransfers zu schätzen. Zum einen können wir ein paar Dinge mehr einpacken, zum anderen radeln wir auf den Etappen völlig unbeschwert. Wir waren schon viel im Süden unterwegs – kämpfen aber zunehmend mit der Hitze. Da wir auf die Sommerferien angewiesen sind, sollte es diesmal ein kühleres Land sein und somit kam uns Schweden, das wir noch nicht kannten, sehr gelegen.
Dass wir nur mit den eigenen Fahrrädern radeln wollen, ist für uns mittlerweile selbstverständlich. Die begleiten uns schon so viele Jahre und sind genau auf uns angepasst. Unplattbare Reifen, ergonomische Griffe am Lenker, gepolsterter Sattel – darauf wollen wir bei so vielen Kilometern nicht verzichten. E-Bike? Ist für uns (noch) kein Thema.
Ein weiterer Gedanke brachte uns eher zufällig auf die ökologische Anreise ohne eigenes Auto. Wir beide hatten zum einen wenig Lust auf die unendlich lange Anreise im Pkw, außerdem trauten wir diesem den langen Weg aufgrund des erheblich schwächelnden Zustands auch nicht unbedingt zu. Also blieb nur die Bahn. Gar nicht so einfach, weil es nur sehr wenig Fahrradstellplätze in den ICE gibt. Also mussten wir ein wenig umdenken.
Mehr erfahren Weniger anzeigenGlücklicherweise wohnen wir nicht weit weg vom Bahnhof, also hieß es zunächst mit Rädern und Koffern zum Bahnhof zu kommen. Mit dem ICE ging es bis Hamburg. Nach zwei Stunden Weiterfahrt von dort mit dem Flixbus (auch hier kann man zeitig genug Radplätze buchen) bis Kopenhagen. Dort hatten wir in Bahnhofsnähe ein Hotel gefunden. Ein vergleichsweise günstiges – Kopenhagen ist sündhaft teuer – allerdings sehr, sehr spartanisches. Immerhin waren wir nach langer Reise gut angekommen.
Kopenhagen ist die Fahrradstadt schlechthin – ein Paradies für alle Radler. Allerdings fahren auch sehr viele Menschen dort Fahrrad. Die überall vorhandenen Radwege sind gut frequentiert. Begeistert waren wir von modernsten Radbrücken. Wir erkundeten die Stadt mit den vielen Sehenswürdigkeiten per Fahrrad.
Mehr erfahren Weniger anzeigenDie Halbinsel lud uns zu einer wunderbaren Umrundung ein. Ein herrlich ausgebauter Radweg führt außen herum. Vor allem die westliche Küste ist Idylle pur. Auf der einen Seite das Meer, auf der anderen ein Naturschutzgebiet mit vielen Tierarten. Wir hatten Glück, dass es einige Schutzhütten zum Unterstellen gab, weil wir 2 bis 3 Mal vom Regen überrascht wurden. An der Ostküste hatten wir einen fabelhaften Blick auf die Öresundbrücke. Leider waren unsere Badesachen im Hotel – dabei gibt es ein sehr einladendes Strandbad. Die letzten Kilometer entlang des Flughafengeländes waren etwas nervig, aber nur von kurzer Dauer.
Mehr erfahren Weniger anzeigenWir wären ja gern mit dem Rad nach Helsingborg gefahren. Aber mit den beiden Koffern? Leider fanden wir keine Möglichkeit sie transportieren zu lassen. Also blieb wieder nur der Flixbus. Dieser nahm den Umweg über die Öresundbrücke und Malmö. Immerhin blieb genug Zeit die zauberhafte Stadt Helsingborg zu erkunden. Es war fast ein bisschen schade, dass wir diesen sonnigen Tag so wenig auf dem Rad nutzten.
Mehr erfahren Weniger anzeigenDas ging schon mal schief. Nichts als Regen, Regen, Regen und kein Ende in Sicht. Immerhin konnten wir das Hotelzimmer bis 12.00 Uhr belegen, anschließend belagerten nicht nur wir Radreisende die Lobby. Sollte der erste Tag der Radreise schon ins Wasser fallen und mit dem Zug absolviert werden? Am Vormittag regnete es so heftig, dass wir noch nicht mal trocken zum Bahnhof gekommen wären. Meine Wetter-App (auf die wir uns während der gesamten Reise ziemlich gut verlassen konnten) zeigte Entspannung ab ca. 14.00 Uhr an. Wir wollten es wagen. Wir legten alles an, was wir so an Regenklamotten mithatten und bemerkten gleich die Schwachstellen. Regenüberziehschuhe sind eine Supersache! Aber wir hatten davon nur ein Paar. Die App hatte recht, der Regen ließ stetig nach. Der Wind trocknete die Sachen zumindest schnell genug. Es eröffnete sich eine der schönsten Routen: Schloss Sofiero, malerische Buchten, Windmühlen und sogar Weinanbau erstaunten uns. In Ängelholm begrüßte uns tatsächlich die Sonne. Wir waren stolz, nicht auf den Zug ausgewichen zu sein.
Mehr erfahren Weniger anzeigenHeute wurden wir mit sonnigem Wetter belohnt. Das war auch wichtig, stand uns doch die längste und bergigste Etappe bevor (die Abkürzung kam nicht infrage). Wir hatten schon am Tag zuvor erfahren, dass es an der Küste ganz schon steil sein kann. Heute wurden wir richtig gefordert. In der Mitte der Etappe ging es gefühlt nur noch bergauf. Als die Quälerei endlich zu Ende war, ging es so steil bergab, dass mir die Hände vom Bremsen schmerzten. Umgekehrt ist die Etappe so nicht fahrbar! Dafür konnten wir unendlich viele Eindrücke sammeln. Die erste Begeisterung kam am Erdbeerkiosk auf: Gegen Kasse des Vertrauens ein Pfund Erdbeeren – wie toll. In Torekov machten wir eine kleine Pause, um die kleine Insel Halland zu bestaunen. Båstad lud zur Mittagspause am Hafen ein. Die schönste Pause aber gönnten wir uns am Mellbystrand – baden im Meer. Das ist so flach dort, die Wellen sehen nur gefährlich aus, sind aber völlig harmlos. Leider erforderte die knappe Zeit ein zügiges Weiterradeln ohne weitere Abstecher. Wir fotografierten noch die Mündung der Lagan und kamen gegen 19.00 Uhr ziemlich erschöpft in Halmstad an.
Mehr erfahren Weniger anzeigenHeute war es schon wieder vorbei mit dem schönen Wetter. Den ganzen Tag gab es immer wieder Nieselregen und vor allem viel Gegenwind. Somit wurde manche Strecke zur großen Anstrengung. Die Abfahrt zögerten wir aus dem Grund schon heraus und schauten uns in Halmstad um. Aber außer Kirche und Schloss gab es nicht so viel zu entdecken, also Augen zu und durch. Dafür löste die kleine Insel vor Tylösand wieder große Begeisterung aus – so schön! Ebenso die ersten Vorboten der Schären bei Steninge. Wir liefen bis zur Spitze der kleinen Halbinsel und konnten kleine Jungen beim Krabbenfischen beobachten: Bindfaden-Klammer mit einem Stück Brot dran, Krabben anlocken und mit der Hand aus dem Wasser fischen. So einfach kann angeln sein! Einen großen Teil der Strecke radelten wir direkt am Meer entlang – ständig zückten wir die Handys um Fotos vom Meer, kleinen Buchten, großen Wellen… zu machen. Eins wurde uns hier besonders bewusst: Entspannung pur, zur Ruhe kommen. Mit jedem Kilometer merkt man die Entschleunigung. Da ist das Ankommen in der wirklich hübschen Stadt Falkenberg absolut passend mit der malerischen Tullbron (eine der schönsten Steinbrücken Schwedens) und den kleinen Holzhäusern in der Gamla Stan.
So wenig Strecke? Also konnten wir heute alle Empfehlungen entlang der Strecke mitnehmen. Zuerst radelten wir den Abstecher zum Leuchtturm Morups Tånge. Im Fischerdorf Träslövsläge ruhten wir uns bei Krabbenbrötchen und dem Bestaunen der Kitesurfer aus. Wieder ging es den größten Teil direkt am Wasser entlang – was kann es Schöneres geben? Von Varberg waren wir regelrecht begeistert. Dank der frühen Ankunft wanderten wir zur Festung und erfreuten uns am Kaltbadehaus. Am Abend ging ich noch spontan in ein Konzert (mit dem Rad fünf Minuten entfernt). Immer wieder fielen uns kleine Konzerte in Kirchen auf, die an allen Wochentagen stattfinden. Der Eintritt ist meist frei. Ich war erstaunt, wie viele Zuhörer anwesend waren – allerdings fast wie bei uns, die meisten jenseits der 70 Jahre. Das hielt sie aber nicht davon ab, beim gemeinsamen Choral kräftig mitzusingen.
Mehr erfahren Weniger anzeigenHeute war gute Planung wichtig. Die Wetter-App kündigte ab 12.00 Uhr heftige Regenfälle an. Also wollten wir spätestens 11.30 Uhr am Schloss Tjolöholm sein. In der App stand 54 Kilometer, das sollte schaffbar sein. Wir wurden kurz nach dem Start regelrecht euphorisch – hatten wir doch heute das erste Mal Rückenwind, besser gesagt Rückensturm. Es ging derart flott, dass wir die Abkürzung abwählten und es uns nicht nehmen ließen immer wieder Fotos der malerischen Buchten und sogar vom Kernkraftwerk Ringhals zu schießen. Die dicken Wolken kamen näher und näher, aber die Wetter-App hielt Wort. Leider die Streckenapp nicht. Nach 54 Kilometern war noch kein Schloss in Sicht. Als schon die ersten Tropfen fielen, suchten wir uns mühsam die Wegführung bei G-Maps und erreichten es letztlich völlig durchnässt nach 64 Kilometern! Sehr ärgerlich. Jetzt waren wir nicht nur nass, kalt war es außerdem. Ich hatte zum Glück noch Rock und Pulli einstecken und konnte die völlig durchweichten Klamotten erst einmal wechseln. Bei der Besichtigung des Schlosses ließ ich mir sehr viel Zeit – an ein Weiterfahren war bei dem Regen sowieso nicht zu denken. Mein Mann hatte keine Wechselsachen und wollte sich derart tropfend nicht unter die Besucher mischen. Das Schloss ist übrigens wirklich wunderschön, aber nach 3 Stunden reicht es auch. Wir wagten die Weiterfahrt kurz vor 15.00 Uhr, angeblich sollte der Regen nachlassen. Ok, das tat er, aber es dauerte noch ein bisschen, ehe wirklich Schluss war. Zum Glück waren es jetzt nur noch 15 Kilometer bis Kungsbacka, das wir – wie sollte es anders sein – bei Sonnenschein erreichten. Nach einer ausgiebig warmen Dusche leisteten wir uns eins der besten Restaurants! Dem Hotel danken wir an der Stelle für das Bereitlegen diverser Zeitungen. Sorry, wir haben sie nicht gelesen, sondern mehrfach in unsere Schuhe gestopft.
Wieder einmal erwartete uns ein Regen-Wolken-Sonne-Mix. Trotzdem entschieden wir uns für die lange Variante, was eine sehr gute Idee war. Um es gleich vorwegzunehmen – diese Etappe war die enttäuschendste von allen. Ein Großteil der Strecke führt neben viel befahrenen Straßen und mit wenig Aussicht aufs Meer entlang. Zudem war die Route noch mal ziemlich hügelig. Einige Male mussten wir uns vor dem Regen in die fast überall vorhandenen bestens geschützten Buswartehäuschen retten. Die sehenswertesten Dinge erreichten wir gleich zu Beginn. An der Kirche in Onsala kommt man direkt vorbei. Es war nicht die erste, die uns mit ihrer einem Schiffsrumpf ähnelnden Holzdecke beeindruckte. Der Abstecher nach Gottskär war das Highlight des Tages: Klippen, ein Inselchen mitten in stürmischen Wellen, auf das wir zu Fuß gekommen wären. Wir wollten aber weiter, konnten leider der Strecke über die Halbinsel nichts abgewinnen. Wieder in Meeresnähe überraschten uns lustige Schrottskulpturen. Überglücklich, aber auch ziemlich erschöpft erreichten wir am Nachmittag Göteborg und hatten damit die (deutlich mehr als) 390 Kilometer des Kattegattleden via Biobike geschafft.
Mehr erfahren Weniger anzeigenEinen radfreien Tag gönnten wir uns – irgendwie wollten wir aktuell keinen Lenker mehr anfassen. Also ging es zu Fuß und mit Regenschirm durch die Stadt zu allen Sehenswürdigkeiten. Nun hatten wir aber unsere eigenen Fahrräder dabei, also folgten wir am nächsten Tag der Empfehlung sämtlicher Reiseführer. Radtour zu den nördlichen Schären. Trotz sonniger Wettervorhersage wurden wir von einigen Regenschauern begleitet und merkten uns nun schon alle Bushäuschen. Der Hinweg war brutal: Regen, Gegensturm und gefühlsmäßig nur bergauf. Dann noch eine Umleitung. An der Fähre angekommen waren wir uns zunächst nicht sicher, welche wir nehmen, entschieden uns aber glücklicherweise für die richtige nach Hönö. Diese Insel überquerten wir, um auf dem Landweg nach Öckerö zu gelangen. Die schönsten Eindrücke bekamen wir aber auf der dritten Insel, Hälsö. Hier braucht man niemandem mehr zu erklären, was Schären sind. Für uns als Kenner der ostdeutschen Ostsee mit den riesig breiten Sandstränden sind solche Bilder von der Ostsee völlig neu. Fast hätten wir Lust bekommen am Ende von Hälsö noch auf die Fähre zur nächsten Insel zu steigen – leider stand uns aber noch der Rückweg bevor. Dieser gestaltete sich jetzt – wie erwartet und erhofft – sehr viel angenehmer. Kein Regen mehr, Rückenwind – es rollte nur so. Das machte uns gleich ein wenig übermütig und wir wagten die Überquerung der Göta (die eigentlich ein kilometerlanger Hafen ist) über die Älvsborgsbron – der weithin sichtbaren knapp 1 Kilometer langen und vor allem 45 Meter hohen Hängebrücke. Jetzt verstand ich auch, warum die Öresundbrücke nicht für Radfahrer freigegeben ist. Schon von der Älvsborgsbron wären wir gnadenlos runtergepustet worden, wären da nicht sehr sichere Geländer. Die Überquerung glich einem Kampf gegen den seitlichen Wind, war aber einfach ein eindrückliches Erlebnis.
Mehr erfahren Weniger anzeigenUnsere Heimreise musste genauso exakt wie der Hinweg geplant werden. Wieder waren zwei Räder und zwei Rollkoffer (neben uns beiden und Handgepäck) transportiert werden. Zunächst ging es mit dem Flixbus nach Hamburg – das dauerte den ganzen Tag. Wir sahen viele unserer besuchten Städte noch einmal vorbeirauschen – wie schön! In Hamburg hatten wir wieder in Bahnhofsnähe ein Hotel. Am letzten Tag ging es mit dem ICE nach Leipzig. Das wäre fast noch schief gegangen – im ICE fehlten die Fahrradabteile. Da wir (und ein paar andere Leute) aber nun mal gebucht hatten, stellte man uns verschließbare Personenabteile zur Verfügung. Dort quetschten wir dann jeweils bis zu 3 Räder hinein – den Sitzpolstern hat das sicher nicht gutgetan. Wir waren aber froh, dass der Zug immerhin fuhr und sogar pünktlich in Leipzig ankam. Hier überforderte uns die Hitze mit 30 °C komplett, waren wir doch in den letzten Tagen mit Temperaturen nie über 20 °C, oft nur 12-14 °C ausgekommen.
Insgesamt war es eine wunderbare Tour – vor allem dieses Gefühl der Entschleunigung, der Ruhe, aber auch das Ausgesetztsein mit der Natur hinterließen intensive Eindrücke. Wirklich begeistert sind wir vom Kattegattleden – einem bestens ausgeschilderten und supergut befahrbaren Radweg sowie von den Bedingungen für Radfahrer (wirklich breite und überall vorhandene Radwege, Radwegführungen ohne Kreuzung, Vorfahrt an jedem Kreisverkehr…). Wieder einmal haben wir gemerkt, wie weit das Autoland Deutschland davon entfernt ist.
Friederike & Joachim